Fliegen-Orakel - Friedrich Theodor Vischer
Nach meinem Mittagsmahle
Bei heißem Sonnenstrahle
Saß ich in guter Ruh'.
Halb las ich in der Zeitung,
Halb fiel das Aug' mir zu.
Da kommt hereingeflogen,
Da schweift in trägem Bogen
Eine Mucke, dick und schwer,
Mit Sumseln und mit Brumseln
Um meinen Lehnstuhl her.
Bald hör' ich sie an den Scheiben
Mit dem Kopfe trommeln und reiben,
Bald fliegt sie her zu mir,
Neckt mich mit Surren und Kitzeln,
Das dumpfe, träge Tier,
Tut auf den Schädel mir sitzen,
Der von dem Sorgen und Schwitzen
Tagtäglich kahler wird,
Dann kriecht sie mir auf der Nase,
Dann wird das Ohr umschwirrt.
Da fühlt' ich's in mir tagen:
Sie wollte mir etwas sagen
Als ein Orakulum,
Es wollte nur Wahrheit künden
Ihr schläfriges Gebrumm.
Und was sie da gesumselt,
Und was sie da gebrumselt,
Verstand ich alsobald.
Es hieß: O . . . . . . . . . . . . . . .
O . . . . . . .! du wirst alt!