Die welke Rose - Wilhelm Jordan
Am Gitter des Parkes mündet
Ein heimlicher Waldessteig;
Da steht ein junger Geselle,
Am Hut einen Eichenzweig.
Die Stäbe von Eisen umrahmen
Ein Köpfchen mit goldigem Haar;
Nicht röter glüht als die Wangen
Am Busen das Rosenpaar.
Er teilt den Zweig, sie die Rosen,
Dann tauschen sie hin und her.
Die Stäbe sind weit – sie teilen
Und tauschen wohl noch mehr.
Du schönster Junimorgen,
Was blieb mir übrig von dir?
Ich hab' eine welke Rose
Zwischen vergilbtem Papier.
Mit dem Rosenstengel verbunden
Ist Reisig ohne Laub,
Denn die harten Eichenblätter
Zerfielen in grünlichen Staub.
Doch der Faden, der beide verbindet,
Ein langes blondes Haar,
Er glänzt noch heute wie damals
Die goldene Fülle – war.
Du schönster Junimorgen,
Du goldene Rosenzeit
Voll Jugend Glück und Liebe,
Wie bist du so weit, so weit!