Wie ich sie fand - Ignaz Franz Castelli

Einst ging ich so spazieren,
Ganz ohne anderm Ziel,
Als - weil mir eben warm war,
Damit mir werde kühl.

Da schlendert' ich behaglich
Die Gassen auf und ab,
Und pfiff mir Melodeien
Und spielte mit dem Stab.

Und wie ich eben trillre
Das wunderschöne Lied:
„Auf, Freunde! pflückt die Rose
Bevor sie Euch verblüht.“

Da sah ich gehn ein Mädchen,
Ein Mädchen - muß gestehn
Ich kann sie nicht beschreiben
Weil - ich sie nicht gesehn.

In einen dichten Schleier
War die Gestalt verhüllt,
Doch Phantasie entwarf mir
Ihr wunderschönes Bild.

Sie hatte blaue Augen,
Und rabenschwarzes Haar,
Ja ja, das muß sie haben,
Und wär' es auch nicht wahr.

Und dann ein würz'ger Atem
Und Stimmen-Harfenton
Sind allen Liebchen eigen,
Das weiß ich lange schon.

Da trat ich ihr dann näher
Gewinnend frischen Mut,
Ich faßte sie am Arme,
Wie man gewöhnlich tut.

Und sprach: „Verzeih' o Schöne!
Daß ich gefolget bin,
Den Schmetterling, du weißt ja,
Zieht's zu der Rose hin!“

Auf den Gedanken bildet'
Ich mir was Rechtes ein,
Und dachte mir sie müßte
Mir gleich gewogen sein.

Da wandte sie das Köpfchen
Und lispelte mir zu:
„Herr! geh' er seines Weges
Und laß er mich in Ruh!“

Die Worte, ach! die Worte
Vergeß ich nie; - betrübt
Und stumm schlich ich von dannen.
Seitdem bin ich verliebt.