An die Ruhe - Christian Ludwig Neuffer
Göttin, die dem Lebenssatten
In der Palme kühlen Schatten
Der Genesung Schale reicht,
Wenn er, lang auf Meereswogen
Von Gestirn und Wind betrogen,
Endlich deinen Port erreicht!
Nicht im lauten Stadtgewühle,
Nicht beim bunten Torenspiele,
Nicht beim wilden Bacchanal,
Fern von glatten Marmorsälen,
Wo um Tand sich Menschen quälen,
Blüht dein stilles Myrtental.
Du, die in des Sennen Hütte
Dem Asyl der Biedersitte,
Freundlich unter Kindern spielt,
Die den schweißbenetzten Pflüger,
Die nach heißer Schlacht den Sieger
Mit dem Zweig des Friedens kühlt;
Von so manchem Kampf ermattet,
Von der Schwermut Nacht umschattet,
Lechz' ich, Himmlische, nach dir!
Beut in diesem Dorngeflechte
Mir die mütterliche Rechte!
Sende Licht und Stärke mir!
Sieh auf diese Tränen nieder,
Gib mir meine Kindheit wieder,
Unschuldsvoll und froh verlebt;
Scheuch der Leidenschaften Horden,
Die des Herzens Frieden morden,
Eh er noch dem Keim entstrebt!
Aus des Lebens Irrgewinden
Laß dein stilles Tal mich finden,
Süße, heißgeflehte Ruh!
Meine Sorgen laß mich enden,
Drücke mir mit sanften Händen
Bald die müden Augen zu!