Adonis' Nachtklag' vor seiner Liebsten Tür
Ex Anglico.
Mag denn, ach Schätzlein,
Von euch keiner Gnaden Schein
Widerfahren mir,
Der ich lieg' vor eurer Tür
Und netze diese Schwell'
Mit manchem Tränenbach,
Die ich doch wieder schnell
Mit Seufzen trocken mach'?
So manches Tröpflein
Kann erweichen einen Stein,
Euer steinen Herz
Kann erweichen gar kein Schmerz.
So komme dann, o Tod,
End' mir das Leben mein
In dieser harten Not,
Darin ich leide Pein.
Richten darf man mir
Keine Marmor Grabeszier,
Nur ein' Wasen klein
Soll bedecken mein Gebein,
Mit diesen Worten grün:
Der hier zu Tode blieb,
Den hat gebracht dahin
Sein' Treu' und große Lieb'.
Aus mir dann jährlich
Rote Röslein liebelich,
Auch Vergiß nicht mein
Wachsen wird und Rosmarein,
Draus manch verliebtes Herz
Zurüst ein Sträußelein,
Damit in Liebesschmerz
Verehr' den Liebsten sein.
Wie? Wann das Glück wollt',
Daß die Liebste kommen sollt',
Und von ungefähr
Über mir spazieren her
Und lese diese Schrift
Und sich besinne mein,
Daß sie mir hab' gestift'
Dies Unglück all allein.
Als dann wird sie mich
Erst beweinen bitterlich,
Daß ich nur zu treu,
Sie gewesen nur zu scheu,
Auch fällt vielleicht herab
Aus ihren Äugelein
Ein Tröpflein auf das Grab,
Erquicket mein Gebein.
Alsdann erst werd' ich
In dem Tode freuen mich,
Und in aller Leut'
Munde triumphieren weit.
Adonis' Treu' wird sein
Berühmet weit und breit,
Euch aber wird die Pein
Der Rache sein bereit.