Der Abend - Elisabeth Kulmann

Die Sonne ruht im Schoße
Des wellenlosen Meeres.
Ein weiter Purpurteppich
Bedeckt die Ruhestätte
Der Herrscherin des Weltalls.
Tieftrauernd schweigt die ganze
Natur umher, und leget
Ihr Feierkleid von reichen
Und mannichfachen Farben
Von sich, und Wald und Wiese,
Und Berg und Tal umhüllet
Derselbe Flor der Trauer.
Gleich einer Leichenkerze
Glimmt bleich des Mondes Sichel
Bei der erhabnen Toten
Einsamen Stätte. Oder
Ist dies vielleicht ihr jüngstes
Unmündig Kind, das trostlos
Dem Grab der Mutter nahet,
Um freien Lauf zu lassen
Der Schwermut herben Tränen?