Nachtlied - Wilhelm Jordan
Lieg' ich unzufrieden
Und vom Schlaf gemieden
Nachts im Grübelrausche
Bis ich, überrege,
Meiner Herzensschläge
Bangen Ton erlausche:
Müde dann der Pfühle
Such' ich draußen Kühle
Auf dem Wartaltane,
Wo um Sternenweite
Aus dem Erdenstreite
Ich hinaus mich ahne.
Auf den Ring, geronnen
Aus Millionen Sonnen
Meinen Blick gerichtet,
Fühl' ich dann im Schauen
Leise niedertauen
Was mein Herz beschwichtet.
Ungezählte Scharen
Ferner Welten fahren
Droben ihre Bahnen.
Wie so klein dagegen
Erden-Leid und Segen,
Menschen-Werk und Planen!
Doch sogleich dem Kleinmut
Folgt zu stolzem Nein Mut:
Ließ das All nicht reifen
Auf dem Erdgestirne,
Augen, Denkerhirne,
Selbst sich zu begreifen?
Droben und hienieden
Durch Begier um Frieden
Überall betrogen,
Hat das Weltgebäude
Reine Schönheitfreude
Erst in uns erzogen.
Wie das Öl gelinde
Glättet die vom Winde
Wild bewegten Fluten,
Zaubert Himmelsferne
Ruhe mit der Sterne
Goldnen Wünschelruten.
Mißmut, Sorge schweigen;
Klärst mich ganz uneigen,
Feierliche Stille,
Als ob ich verschwände,
Ohne Selbst empfände
Wie der Weltenwille.