Im Bade - Anastasius Grün

Ach könnt' ich die Welle sein,
Wie freut' ich mich so!
Doch könnt' ich die Quelle sein,
Wär doppelt ich froh!

Könnt' ich die Welle sein,
Hüpft' ich mit frohem Sinn
Wo sie im Bade weilt,
Rasch zur Geliebten hin;
Hätte sie schnell ereilt,
Wogte mit stillem Gruß
Rasch um den lieben Fuß,
Blähte mich stolzer dann,
Schwellte und stieg' hinan
Bis an des Busens Rund,
Bis an den Purpurmund,
Grüßte und küßte sie,
Koste und neckte sie,
Und sie erlitt' es gern,
Glaubt' ja, ich seh' es nicht,
Glaubt' mich ja fern!

Könnt' ich die Quelle sein,
Ganz nach Verlangen
Wäre sie mein;
Liebend umfangen
Wollt' ich die Holde,
Aber so bald nicht
Ließ' ich sie los.
Dann zu dem Herzchen
Rauscht' ich empor,
Pochte und schlüge
Rege daran,
Pochte und früge
Liebend mich an. -
Dann zu den Händen
Wogt' ich dahin;
Jegliches Ringlein,
Das sie als fremder
Seligkeit Pfand
Trägt an der kleinen
Blendenden Hand,
Wollt' ich ihr raubend
Tief in der Wogen
Nächtige Brandung
Heimlich verbergen;
Rauschte zur Hand dann
Wieder hinan
Und nur mein Ringlein
Ließ' ich daran.