Lilie - Wilhelm Zimmermann

Mondestochter, stille, reine,
Lilie im weißen Kleid,
Stehst verklärt vom Abendscheine,
Wie von Glanz der Seligkeit.

Aber Tränen seh ich scheinen,
Perlen, auf der Wangen Schnee,
Und mir wird, als müßt' ich weinen,
Wenn ich dir in's Auge seh.

Frag ich noch, was mich betrübe,
Und was mich an dir erfreut?
Gleichest du nicht meiner Liebe,
Meiner Liebe Lust und Leid?

Noch stehst du im Garten prangend,
Und, ich darf mich deiner freun,
Fest an deinem Glanze hangend
Wähnen, ach, du seiest mein.

Doch es wird die Stunde schlagen,
Rinnen ab des Glückes Sand,
Ohne mich und dich zu fragen,
Pflückt dich eine fremde Hand.

Und ich darf nicht weiter fragen,
Holdes Lunakind, nach dir,
Still nur um die Tote klagen,
Denn du lebst ja nimmer mir.