Fritzens Berufswahl - Johann Martin Usteri

Hör' Fritz, so sprach die Mutter,
Du treibst mir's gar zu kraus,
Frißt täglich Drescherfutter,
Und bringst kein Brot in's Haus.
Das muß nun einmal enden,
Hast Kraft und Mark in Lenden,
Drum wähl' ein Handwerk aus.

Fritz kratzte hinter'n Ohren:
Was treibt ihr denn so sehr?
Laßt mich doch ungeschoren,
Die Wahl ist mir zu schwer.
Doch Mütterlein urgierte,
So sehr er protestierte,
Und wurde dringlicher.

Was soll ich aber wählen?
Ein Müller werd' ich nicht,
Man munkelt da vom Stehlen;
Der Ziegler ist zu schlicht;
Den Schuster lieb' ich minder,
Der sitzt als armer Sünder
Auf seinen Stuhl gepicht.

Der Schmidt will Ochsenkräfte,
Ich lasse Bart- und Zahn-
Und Schind- und Salbgeschäfte
Dem der sie treiben kann.
Mir ekelt vor der Metze,
Den Weber plagt die Krätze,
Der Schneider stinkt mich an.

Ein Domherr reich begütert,
Ein wohlbezahlter Rat,
Mit solchen Brocken füttert
Man Herren in der Stadt -
Am Ende bleibt's das Beste,
Ich bleibe hier im Neste,
Was gilt's? kommt Zeit, kommt Rat.

Ho! ho! mein saub'rer Erbe,
Ist dir die Wahl so schwer?
Es gibt noch viel Gewerbe,
Blick' noch einmal umher:
Der Gerber, Glaser, Bäcker,
Der Schlosser, Schieferdecker,
Der Maler - und noch mehr.

Ein Maler will ich werden!
Rief Fritz, und sprang vom Tisch,
Der schwänzelt auf der Erden
Wie in dem Bach der Fisch,
Find't Honig wie die Biene,
Und sammelt Severine
Für einen kleinen Wisch.

Ein Maler will ich werden,
Ein Maler hat es gut,
Die Großen dieser Erde,
Die lüpfen ihren Hut,
Er schafft mit gradem Rücken,
Und weiß nicht wie das Bücken
Dem armen Fröhner tut.

Er sieht den Ungewittern
Im warmen Stübchen zu,
Ihn macht die Seuch' nicht zittern,
Es fällt ihm keine Kuh;
Kein Pferd wird ihm vernagelt,
Sein Tuch bleibt unbehagelt,
Sein Pinsel friert nicht zu!