Auf Herrn Johann Seilers Hochzeit - Martin Opitz
Die Sonn' hat sich verkrochen,
Der Tag ist ganz dahin,
Der Mond ist angebrochen,
Die Arbeitströsterin
Die Nacht hat angeleget
Ihr schwarzes Trauerkleid,
Kein Gras ist, das sich reget,
Kein Baum nicht weit und breit.
Die Welt ist schon zu Bette,
Und hat die Augen zu,
Wir schlafen in die Wette,
Das Meer liegt auch in Ruh;
Nur zweene Geister wachen,
Der Krieg- und Liebesgott
Bestellen ihre Sachen,
Indem wir sind als tot.
Wann uns gar sanfte träumet,
Und alle sicher sein,
Ihr keiner derer säumet,
Nimmt seine Schanzen ein.
Soldaten die verlangen
Nach Blute für und für;
Der Buhler liegt gefangen
Für seiner Liebsten Tür.
Mars muß sein Lager schlagen
Hier unters große Dach,
Auch Hitz' und Kält' ertragen,
Trinkt oftmals aus der Bach.
So muß sich auch gewöhnen
Ein Buhler, löscht für Wein
Mit vielen heißen Tränen
Den Durst der Liebespein.
Man sieht zu jedermalen
Bei Nachte heller sein
Des Feuers lichte Strahlen,
Als bei der Sonnen Schein.
Auch damals legt die Liebe
Dem Feuer besser zu,
Wann alles gleich ist trübe
Und kränkt uns ohne Ruh.
So wird auch sonst gelesen,
Daß Venus bei der Nacht
Des Kindes sei genesen,
Und es zur Welt gebracht.
Drum will sie, daß ingleichen
Der, welcher lieben will,
Bei stiller Nacht soll streichen,
Auf sein gewünschtes Ziel.
Herr Seiler, dieser Sachen
Seid ihr nun ganz befreit;
Ihr dürft alleine wachen
Nach Lust und Fröhlichkeit,
Und fahrt in guten Stande
Am sichern Hafen an.
Wohl dem, der so zu Lande
Mit Glücke kommen kann!