Literarische Totenklage - Franz von Dingelstedt

1848

Seht, da liegt er auf dem Sofa,
Wagrecht liegt er da,
So wie sonst, wenn er die Nova
Aus Paris durchsah!

Doch, wo ist die Kraft der Fäuste,
Wo des Griffels Blitz,
Der noch jüngst im fremden Geiste
Traf den besten Witz?

Wo die Augen falkenhelle,
Die der Freiheit Spur
Folgten in der trüben Welle
Neuster Lit'ratur?

Diese Finger, die gewaltig
Wüteten im Druck,
In Journälern hundertspaltig,
Im Vignetten-Schmuck?

Diese Rechte, die da immer
Nahm und niemals gab?
Seht, die Rechte hebt sich nimmer,
Seht, sie hängt herab!

Wohl ihm, er ist hingegangen,
Wo kein Druck mehr ist,
Wo nur solche Blätter prangen,
Die kein Zensor liest,

Wo die Welt von "schlechter" Presse,
Von der Kammern Streit
Und vom Hochverrats-Prozesse
Völlig ist befreit.

Drunten nun die Blätter streicht er,
Ließ uns hier zurück,
Daß wir, tausend Zentner leichter,
Feiern unser Glück.

Bringet her die letzten Gaben,
Stimmt die Totenklag'!
Alles sei mit ihm begraben,
Was ihn freuen mag!

Gebt, den Leichnam zu umwickeln
Sanft und säuberlich,
Jene Unzahl von Artikeln,
Die der Edle strich.

Auch die Schere, scharf geschliffen,
Die des Denkers Kopf
Rasch mit drei geschickten Griffen
Leerte bis zum Zopf.

Rötel auch, sich selbst zu streichen,
Gebt dem großen Mann,
Daß er droben tu' desgleichen,
Wie er hier getan!