Blumen-Botschaft - Franz von Dingelstedt

„Was hat sie Dir denn anvertraut,
Das holde Mädchen dort?
Sie hat so lang' auf Dich geschaut
Und sprach ein leises Wort;

Dann hat sie Dich zum Abschied noch
In Deinen Kelch geküßt,
O was ihr klugen Blumen doch
Für süße Dinge wißt!

Und war es denn ein leichter Kuß,
Wie man die Schwester küßt?
Und nicht vielmehr ein Liebes-Gruß
An ihn, der ferne ist?“

Die kleine Blume sah mich an
Und sprach geheimnisvoll:
„Bist Du denn auch der rechte Mann,
An den es kommen soll?

O Blum'- und Mädchen-Heimlichkeit,
O süß verstohl'nes Wort,
Sie flüsterte: Bald ist es Zeit,
Und ging errötend fort.“

"Und bin ich nicht der rechte Mann,
An den es kommen muß,
So nehm' ich's doch mit Danke an,
Den Gruß und auch den Kuß."

Ich beugte mich mit trunk'nem Sinn
Zum Blumennund herab
Und nahm den Kuß mir dürstend hin,
Den ihr das Mädchen gab.